Ausstellungen der ZWiK am Samstag und Sonntag

Porträts des Ehepaars Reh

Carl Reinhard und Hedwig Reh: Jahrelang waren sie wie ein Phantom, eine Legende. Jetzt haben Historiker und der Mopo-Chefreporter ihr Leben rekonstruiert.

„Ja, das Ehepaar Reh, das hat uns bei Kriegsende den Hals gerettet!“ Davon erzählen die Leute in Kirchlinteln seit eh und je. Seltsam ist: Abgesehen vom Familiennamen ist über das Paar nur bekannt, dass es aus Hamburg stammte und die Frau Kindergärtnerin war. Was aus ihnen wurde? Keiner weiß es. Nicht mal ihre Vornamen sind überliefert. Als hätte es sie nie gegeben. Als wäre das alles nur eine Legende.

Sie gehen mit der weißen Fahne auf die Briten zu.

Dass sich Zivilisten mit Bettlaken wedelnd den Alliierten in den Weg stellen, um Schlimmeres zu verhüten, das gibt es damals häufiger. Aber es sind in aller Regel Bürgermeister, die von Kriegsgefangenen unterstützt wurden, die sich auf Englisch mit den alliierten Truppen unterhalten konnten. Nicht einfache Leute ohne Rückhalt im Ort, wie in diesem Fall.

Gar kein Zweifel, das Ehepaar Reh geht ein großes Risiko ein. Der Mann und die Frau wissen genau, womit seitens der Nazis in Kirchlinteln gedroht wurde: „Wer die weiße Fahne hisst, wird erschossen!“ Sie wagen es trotzdem, sind am 16. April 1945 mutig und verhindern so den sicheren Untergang des Ortes und den Tod vieler Menschen.

Hermann Meyer will das Geheimnis lüften – und schreibt die Mopo an.

Hermann Meyer (67), Mitglied der Zeitgeschichtlichen Werkstatt im Kapitelhaus zu Wittlohe, beschließt Ende 2020 der Sache mit den Rehs auf den Grund zu gehen. Der Schriftsetzer will sich nicht damit abfinden, dass noch nicht einmal die Vornamen der beiden Helden bekannt sind. „Es muss doch herauszukriegen sein, wer sie waren!“

Meyer kommt auf die Idee, mit der „Hamburger Morgenpost“ (Mopo) Kontakt aufzunehmen und darum zu bitten, einen Artikel zu veröffentlichen. Seine Hoffnung: In der Hansestadt wird möglicherweise noch jemand leben, der die Rehs kannte. „Vielleicht gibt es Nachfahren. Akten. Tagebücher. Fotos.

Irgendwas.“ Der Artikel erscheint – und dann passiert etwas, womit im Ernst niemand gerechnet hätte: Nach einem Dreivierteljahrhundert wird das Geheimnis tatsächlich gelüftet.

Inzwischen gibt es eine Ausstellung dazu im Kapitelhaus in Wittlohe und einen Gedenkplatz in Kirchlinteln.

Mit dieser Ausstellung wird es beim Fest der Vielfalt einen Info-Stand im Flett des Lintler Krugs geben. Auch Spaziergänge zum Gedenkplatz des Ehepaars Reh werden angeboten.